Donnerstag, 30. August 2012

Büchermörder - Magister Tinius

Johann Georg Tinius, ein deutscher Pfarrer beging seinen ersten Mord im Februar 1813.

Er stattete dem wohlhabenden Kaufmann Schmidt unter dem Vorwand einer geschäftlichen Unterredung einen Besuch ab. Stattdessen verabreichte er ihm eine Prise vergifteten Schnupftabak, der sein Opfer betäubte. Anschließend fügte Tinius ihm eine tödliche Kopfverletzung zu, und floh unerkannt mit 3000 Talern Diebesgut.

Im gleichen Monat wiederholte er dieses Verbrechen auf dieselbe Weise bei der reichen Witwe Kunhardt. Doch dieses Mal wurde er von der Magd überrascht und musste ohne Beute fliehen. Im Laufe der Ermittlungen fand man heraus, dass er wiederholte Male auf dieselbe Weise auch Postkutschen überfallen haben soll. Des Weiteren soll er mehrfach Kirchengelder veruntreut haben. "Die Rede bei der Amtsentsetzung erwähnte ausdrücklich, daß Tinius durch seine Büchersucht zu Ausgaben veranlaßt worden wäre, die seine Einnahmen bei weitem überstiegen hätte" (Bogeng: Die großen Bibliophilen. Seite 509.)

Die Bibliothek Tinius umfasste bei der gerichtlichen Versteigerung im Jahr
1821 siebzehntausend Bände. Die abschließende Verurteilung Tinius nach seiner Verhaftung und Amtsenthebung zögerte sich über über zehn Jahre bis 1823 heraus. Zum einen, weil Tinius zu keinem Zeitpunkt seine Taten eingestand oder gar Reue zeigte und zum anderen, weil er darüber hinaus versuchte, Zeugen zu Meineiden zu bewegen.
Außerdem gab es immer  wieder aufkommenden Anschuldigen, die neue Tatbestände ans Licht brachten, wie die Überfälle auf Postkutschen und die Unterschlagung von Kirchengeldern. Dies verzögerte den Prozess erheblich und führten zu einer vergleichsweise geringen Haftstrafe von zwölf Jahren.

Um die anschließende Zeit des Pfarrers im Zuchthaus ranken sich Mythen. Belegt ist, dass er während dieser Zeit eine Untersuchung über die Offenbarung Johannis verfasste. Außerdem soll er aus dem Kopf ein deutschhebräisches Wörterbuch geschrieben haben.
Jedenfalls sind manche Widersprüche dieses Prozesses bis heute nicht gelöst.

Im fortgeschrittenen Alter von einundsiebzig Jahren, wurde er im Jahr 1835 aus dem Zuchthaus entlassen. Seine Familie hatte sich von ihm abgewendet, seine Bibliothek war verkauft und er musste wieder in Armut
von einer kleinen Rente leben. Er führte ein rastloses Wanderleben, bis er im Jahr 1846 bei  Königswusterhause starb.
einen Plan zurecht und verfolgt ihn Schritt für Schritt bis zu seiner völligen Durchführung.
Tinius war ein belesener Mensch, welcher die Bücher nicht um ihretwillen sammelte. Er las sie tatsächlich derart intensiv, dass er sie in den Jahren seines Gefängnisaufenthaltes aus dem Gedächtnis so
präzise rezitieren konnte, dass er daraus für seine eigenen Werke schöpfen konnte. Er entspricht also auch nicht dem Klischee des nichtlesenden Bibliomanen.

Es gibt  einige Argumente, die gegen die Bezeichnung Tinius als Bibliomanen sprechen. Erstens die Tatsache, dass er sich mit den Inhalten der Bücher auseinandersetzte, zweitens die Motivation, die im Beschaffen von Geld und nicht von Büchern lag und schließlich der Fakt, dass er seine Verbrechen berechnend und nicht impulsiv beging.
Dennoch verging er die Morde zwar aus finanziellen Gründen, doch seine Schulden, die er durch seine Diebstähle ausgleichen wollte, waren erst durch den massiven Kauf von Büchern entstanden.
Um diese Schulden zu begleichen hätte er seine Bibliothek von 60000 Bänden durchaus verkaufen können, doch er zog es vor, stattdessen zwei Menschen zu töten, seine Stellung als Geistlicher auszunutzen und mehrere Diebstähle zu begehen. Eine gewisse Art von Bibliomanie ist Magister Tinius also durchaus nicht abzusprechen.

Magister Tinius faszinierte die Menschen aufgrund seiner divergenten Persönlichkeit und gab daher schon zu Lebzeiten ein beliebtes Thema ab. Tinius ist eine Inspirationsquelle und Anregung für zahlreiche literarische
Texte und (Kriminal-)romane, vor allem im 20. Jahrhundert.  wie beispielsweise in Paul Gurks Magister Tinius. EinDrama des Gewissens (1936) oder zuletzt in Detlev Opitz Der Büchermörder (2005).

Das Thema Tinius ist also deshalb so beliebt, weil sein Verbrechen durch die Bibliomanie gleichzeitig anziehend und abschreckend wirkt.

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