Freitag, 3. August 2012

Joseph Conrad - Herz der Finsternis


Der erste Satz: "Die Nelly, eine seetüchtige Jolle, schwoite an ihrem Anker ohne die leiseste Regung in den Segeln und hielt Rast" 

Zentralafrika gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Leise und unaufhaltsam bahnt sich ein schmales Boot den Weg durch den dunken Urwald. Immer weiter stößt es vor auf dem Flusslauf des Kongo, immer tiefer dringt es in den unheimlichen Dschungel. Auf dem Boot sieht der junge Kapitän Marlow mit Ungeduld dem Ziel seiner Mission entgegen: der Begegnung mit dem mysteriösen Elfenbeinhändler Kurtz. Dieser hat sich ganz der Kontrolle der Handelsgesellschaften entzogen und inmitten der Wildnis sein eigenes Schreckensreich errichtet. Marlow soll ihn zurückholen. Doch schon bald stellt sich die Frage: Wird er selbst überhaupt zurückkehren?
Schon seit seiner Kindheit träumt der junge Marlow davon, die letzten weißen Flecken der Landkarte zu erforschen. Durch gute Beziehungen wird er schließlich trotz seiner geringen Erfahrung  Kapitän auf einem Dampfschiff, das tief in den afrikanischen Urwald fahren soll. Dort angekommen stößt der junge Mann auf ein groteskes Tollhaus der Kolonialisierung, unorganisierte Lager, skurrile Landsmänner, die nichts tun als Intrigen gegeneinander zu schmieden,  unsinnige Arbeiten und vor allem auf leidende unterdrückte Eingeborene. 
Marlowe, ein rationaler, realistischer Mann reagiert darauf mit Unverständnis und Ironie. Beeindruckt von der Größe, der Ursprünglichkeit und der Gewalt des Urwaldes macht er sich trotzdem auf in die Tiefen der Wildnis um den geheimnisvollen Kurtz zu finden, der sich hier sowohl mit seinem äußerst erfolgreichen Elfenbeinhandel, als auch mit seiner Abgeschiedenheit einen Namen gemacht hat. Doch was er findet ist ein Mensch, dem das Gefühl für Menschlichkeit abhanden gekommen ist. 

Kein Lichtstrahl dringt durch die dunkle Stimmung, die Conrad hier erzeugt, durchtränkt von schweren dunklen Adjektiven ist der Text kontinuierlich beklemmend und unheilvoll, nur selten unterbrochen von bissigen und ironischen Kommentaren des Erzählers angesichts der makaberen Zustände im Urwald (zweifellos eine Kritik an der Kolonialisierung). Dadurch, dass äußere Dinge meist nur skizzenhaft beschrieben werden und die Handlung zuweilen vom Erzähler unterbrochen wird, um an anderer Stelle fortzufahren, bekommt seine Geschichte, die eher anmutet wie ein Alptraum als die Realität, etwas Wirkliches. Hält man sich beim Lesen des Buches vor Augen, dass Conrad hier seine eigenen Erlebnisse als Seemann schildert und aufarbeitet, gewinnt es nochmal an Schrecken dazu. Conrad möchte Gewalt und Schrecken ausdrücken, was ihm nicht besser hätte gelingen können. So gut, dass ich das Lesen des Buches sehr anstrengend fand, dass sich Beklemmung in mir breit gemacht hat und ich froh war, als ich das Buch aus der Hand legen konnte.

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